Günther Jachmann

Günther Jachmann (* 10. Mai 1887 in Gumbinnen; † 17. September 1979 in Köln) war ein deutscher klassischer Philologe, der als Professor in Göttingen (1917–1922), Greifswald (1922), Basel (1922–1925) und Köln (1925–1952) wirkte. Als Forscher beschäftigte er sich mit der Textkritik verschiedener lateinischer und griechischer Autoren, mit der Linguistik des Altlateins und der Erklärung der Epen Homers.

Leben

Jachmann stammte aus einer ostpreußischen Beamten- und Gelehrtenfamilie. Sein Vater war der Oberregierungsrat Bernhard Jachmann, seine Mutter war Margarete geb. Tiessen. Günther besuchte das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin und begann 1905 ein Studium der klassischen Philologie an der Universität Göttingen, wo seine Lehrer Friedrich Leo, Eduard Schwartz und Jacob Wackernagel waren. Abgesehen von einem Semester in Bonn bei Franz Bücheler (1906) verbrachte Jachmann sein ganzes Studium in Göttingen. In Bonn wurde er Mitglied des Philologischen Vereins Bonn im Naumburger Kartellverband.[1] 1909 wurde er bei Friedrich Leo mit dem Prädikat „summa cum laude“ promoviert. Seine Dissertation befasste sich mit den Didaskalien des Aristoteles. Von 1909 bis 1912 war er als Assistent am Thesaurus Linguae Latinae in München tätig und habilitierte sich 1912 in Marburg.

Von 1914 bis 1917 war Jachmann Zweiter Redaktor des Thesaurus Linguae Latinae und erhielt 1917 eine planmäßige außerordentliche Professur in Göttingen. Nachdem er von September bis Dezember 1918 kurzzeitig in Dorpat gelehrt hatte, kehrte er nach Göttingen zurück und wurde dort 1921 zum persönlichen Ordinarius ernannt. 1922 ging er als ordentlicher Professor nach Greifswald und wechselte noch im selben Jahr als Nachfolger von Johannes Stroux an die Universität Basel. Seine Lebensstellung nahm er mit dem Ruf auf den neuerrichteten Lehrstuhl für lateinische Philologie an der Universität zu Köln ein, wo er bis zu seiner Emeritierung 1952 blieb. Einen Ruf an die Leipziger Universität als Nachfolger Richard Heinzes (1930) lehnte er ab. Während der Zeit des Nationalsozialismus erging 1935 eine inoffizielle Voranfrage an Jachmann, ob er bereit sei, beim etwaigen Weggang von Johannes Stroux dessen Platz an der Münchner Universität einzunehmen. Jachmann lehnte wegen der regimetreuen Atmosphäre in München ab.[2]

Leistungen

Jachmann hat in der klassischen Philologie besonders auf dem Gebiet der Textkritik und der Erforschung des Altlateins gewirkt. Er beschäftigte sich mit der Überlieferungsgeschichte einzelner Autoren und Werke, darunter Terenz’, der Aeneis, Properz’, Ausonius’, Juvenals, Homers und Platons. Zur Sicherung seiner Wiederherstellungsversuche der ursprünglichen Textgestalt zog er in steigendem Maße Papyri heran. Größere Problemfälle behandelte er eingehend in gesonderten Abhandlungen (Grundlagen der Ausoniuskritik, 1941; Studien zu Juvenal, 1943). Neben seinen textkritischen Ansätzen bemühte sich Jachmann auch, die Originalität der lateinischen Autoren gegenüber ihren griechischen Vorbildern hervorzuheben. Davon zeugt schon seine Antrittsvorlesung in Köln (1926).

Im altlateinischen Bereich hat er sich um Probleme der historischen Sprachforschung (wie der Jambenkürzung) verdient gemacht und die nicht überlieferten griechischen Vorbilder der plautinischen und terentianischen Komödien erforscht. Seine Studien auf diesen Gebieten sind größtenteils bis heute gültig. Seine Arbeiten zu Terenz wurden von Ulrich Knoche fortgeführt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte sich Jachmann verstärkt mit der Homerforschung. In seiner Abhandlung Homerische Einzellieder wandte er sich gegen die Standpunkte Ernst Howalds und Wolfgang Schadewaldts und hat mit seinem analytischen Ansatz sowohl Ablehnung als auch Zustimmung erfahren. Denselben Themenkreis bearbeitete er auch in seinem Der homerische Schiffskatalog und die Ilias.

Dass Jachmann sich jahrzehntelang auf Wortphilologie beschränkte, brachte ihm auch Kritik ein. Seinen Kritikern entgegnete er humorvoll, es seien schon ganz andere als er an der lues Jachmanniana (Jachmannschen Krankheit) erkrankt[3].

Jachmanns Privatbibliothek (2.500 Bände) mit zahlreichen eigenhändigen Marginalien ist heute im Besitz der Universitätsbibliothek Wuppertal. Der restliche Nachlass, der Manuskripte, Korrespondenz und Lebensdokumente umfasst, befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek (Signatur: Ana 466).

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Literatur

  • Wer ist's? 1928, S. 722–723
  • Wer ist wer? XVII 1971/73, S. 477
  • Lexikon Greifswalder Hochschullehrer 1775 bis 2006. Band 3. 1907 bis 1932. Bock, Bad Honnef, 2004, S. 99.
  • Inge Auerbach: Catalogus professorum academiae Marburgensis. Zweiter Band: 1910 bis 1971. Marburg 1979, S. 529
  • Reinhold Merkelbach, Nachruf auf Günther Jachmann. In: Jahrbuch 1979 der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften (Opladen 1980), S. 65–68
  • Wolfgang Schmid: Günther Jachmann †. In: Gnomon, Band 52 (1980), S. 201–203 (mit Bild)

Weblinks

  • Literatur von und über Günther Jachmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Der Nachlass befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek

Einzelnachweise

  1. M. Göbel, A. Kiock, Richard Eckert (Hrsg.): Verzeichnis der Alten Herren und Ehrenmitglieder des Naumburger Kartell-Verbandes Klassisch-Philologischer Vereine an deutschen Hochschulen, A. Favorke, Breslau 1913, S. 29.
  2. Siehe den Nachruf im Gnomon 52 (1980), S. 201.
  3. Siehe den Nachruf im Gnomon 52 (1980), S. 202.
Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Göttingen

Erster Lehrstuhl: Johann Matthias Gesner (1734–1761) | Christian Gottlob Heyne (1763–1812) | Christoph Wilhelm Mitscherlich (1814–1835) | Karl Friedrich Hermann (1842–1856) | Ernst Curtius (1856–1868) | Curt Wachsmuth (1869–1877) | Karl Dilthey (1877–1887) | Wilhelm Meyer (1887–1889) | Friedrich Leo (1889–1914) | Richard Reitzenstein (1914–1928) | Eduard Fraenkel (1928–1931) | Kurt Latte (1931–1935) | Hans Drexler (1940–1945) | Kurt Latte (1946–1957) | Karl Deichgräber (1957–1969) | Klaus Nickau (1970–2000) | Heinz-Günther Nesselrath (seit 2001).

Zweiter Lehrstuhl: Georg Ludolf Dissen (1813–1837) | Ernst von Leutsch (1837–1883) | Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (1883–1897) | Georg Kaibel (1897–1901) | Eduard Schwartz (1902–1909) | Paul Wendland (1909–1915) | Max Pohlenz (1916–1937) | Karl Deichgräber (1938–1946) | Walter F. Otto (1946–1948) | Wolf-Hartmut Friedrich (1948–1972) | Carl Joachim Classen (1973–1993) | Siegmar Döpp (1995–2007) | Ulrike Egelhaaf-Gaiser (seit 2008).

Dritter Lehrstuhl: Ernst Karl Friedrich Wunderlich (1808–1816) | Friedrich Gottlieb Welcker (1816–1819) | Karl Otfried Müller (1819–1840) | Friedrich Wilhelm Schneidewin (1842–1856) | Hermann Sauppe (1856–1893) | Wilhelm Meyer (1895–1917) | Günther Jachmann (1917–1922) | Wilhelm Baehrens (1922–1929) | (Ludolf Malten) (1945–1958) | Will Richter (1959–1975) | Ulrich Schindel (1976–2003) | Peter Kuhlmann (seit 2004).

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Greifswald

Erster Lehrstuhl: Christian Wilhelm Ahlwardt (1817–1830) | Georg Ludwig Walch (1830–1838) | Rudolf Heinrich Klausen (1838–1840) | Otto Jahn (1842–1847) | Ludwig von Urlichs (1847–1855) | Martin Hertz (1855–1862) | Hermann Usener (1863–1866) | Franz Bücheler (1866–1870) | Wilhelm Studemund (1870–1872) | Adolph Kießling (1872–1889) | Friedrich Marx (1889–1893) | Eduard Norden (1893–1899) | Wilhelm Kroll (1899–1906) | Carl Hosius (1906–1913) | Ernst Lommatzsch (1913–1922) | Günther Jachmann (1922) | Kurt Latte (1923–1926) | Franz Dornseiff (1926–1948) | Jürgen Kroymann (1954–1955) | Dietrich Ebener (1957–1967) | Martin Hose (1994–1997) | Michael Weißenberger (1999–2013)

Zweiter Lehrstuhl: Georg Friedrich Schömann (1827–1879) | Rudolf Schöll (1873–1874) | Eduard Hiller (1874–1876) | Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (1876–1883) | Georg Kaibel (1883–1886) | Ernst Maass (1886–1895) | Alfred Gercke (1896–1909) | Hermann Schöne (1909–1916) | Johannes Mewaldt (1916–1923) | Konrat Ziegler (1923–1933) | Franz Egermann (1934–1942) | Gregor Vogt-Spira (1994–2006)

Dritter Lehrstuhl (Extraordinariat, 1863–1898 Ordinariat): Franz Susemihl (1856–1898) | Alfred Körte (1899–1903) | Ludwig Radermacher (1903–1906) | Ernst Bickel (1906–1909) | Johannes Mewaldt (1909–1914) | Georg Thiele (1914–1917) | Kurt Witte (1917–1920) | August Schmekel (1921–1927)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Basel

Erster Lehrstuhl: Emanuel Linder (1819–1843) | Wilhelm Vischer-Bilfinger (1832–1861) | Otto Ribbeck (1861–1862) | Adolph Kießling (1862–1869) | Friedrich Nietzsche (1869–1879) | Jacob Wackernagel (1879–1902) | Ferdinand Sommer (1902–1909) | Rudolf Herzog (1909–1914) | Werner Jaeger (1914–1915) | Peter von der Mühll (1917–1952) | Bernhard Wyss (1952–1976) | Joachim Latacz (1981–2002) | Anton Bierl (seit 2002)

Zweiter Lehrstuhl: Franz Dorotheus Gerlach (1819–1875) | Jacob Achilles Mähly (1875–1890) | Georg Ferdinand Dümmler (1890–1896) | Erich Bethe (1897–1903) | Alfred Körte (1903–1906) | Hermann Schöne (1906–1909) | Friedrich Münzer (1909–1912) | Ernst Lommatzsch (1912–1913) | Walter F. Otto (1913–1914) | Johannes Stroux (1914–1922) | Günther Jachmann (1922–1925) | Kurt Latte (1925–1931) | Harald Fuchs (1932–1970) | Josef Delz (1970–1987) | Fritz Graf (1987–1999) | Jerzy Styka (2000–2001) | Henriette Harich-Schwarzbauer (2002–2023)

Dritter Lehrstuhl: Franz Misteli (1879–1898) | Max Niedermann (1911–1925) | Jacob Wackernagel (1915–1936) | Albert Debrunner (1940–1949) | Karl Meuli (1942–1961) | Felix Heinimann (1966–1980)

Schwerpunkt Gräzistik: Josef Kroll (1922–1956) | Albrecht Dihle (1958–1974) | Rudolf Kassel (1975–1991) | Bernd Manuwald (1992–2008) | René Nünlist (seit 2010)

Schwerpunkt Latinistik: Günther Jachmann (1925–1952) | Hellfried Dahlmann (1953–1971) | Clemens Zintzen (1972–1994) | Wolfram Ax (1996–2010) | Jan Felix Gaertner (seit 2013)

Klassische Philologie und Papyrologie: Reinhold Merkelbach (1961–1983) | Wolfgang Dieter Lebek (1984–2003) | Jürgen Hammerstaedt (seit 2004)

Normdaten (Person): GND: 118775723 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n81119952 | VIAF: 42633851 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Jachmann, Günther
KURZBESCHREIBUNG deutscher klassischer Philologe
GEBURTSDATUM 10. Mai 1887
GEBURTSORT Gumbinnen
STERBEDATUM 17. September 1979
STERBEORT Köln