Topologische K-Theorie

In der Mathematik, speziell in der algebraischen Topologie, beschäftigt sich die Topologische K-Theorie mit dem Studium von Vektorbündeln auf topologischen Räumen. Der Name K-Theorie wurde von Alexander Grothendieck kreiert; das K steht für „Klasse“ in einem sehr allgemeinen Sinn.

Definitionen

Es sei X {\displaystyle X} ein fester kompakter Hausdorffraum.

Dann ist K ( X ) {\displaystyle K(X)} der Quotient der freien abelschen Gruppe auf den Isomorphieklassen der stabil äquivalenten komplexen Vektorbündeln über X {\displaystyle X} nach der Untergruppe, die von Elementen der Form

[ E F ] [ E ] [ F ] {\displaystyle [E\oplus F]-[E]-[F]}

für beliebige komplexe Vektorbündel E , F {\displaystyle E,F} über X {\displaystyle X} erzeugt wird. Dabei bezeichnet {\displaystyle \oplus } die Whitney-Summe der Vektorbündel. Diese Konstruktion, die der Konstruktion der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen nachempfunden ist, heißt Grothendieck-Gruppe (nach Alexander Grothendieck). Man kann sich Elemente von K ( X ) {\displaystyle K(X)} also als formale Summen und Differenzen von (Isomorphieklassen von) komplexen Vektorbündeln denken.

Betrachtet man stattdessen reelle Vektorbündel, erhält man die reelle K {\displaystyle K} -Theorie K O ( X ) {\displaystyle KO(X)} . Zur besseren Abgrenzung nennt man die K-Theorie der komplexen Vektorbündel auch komplexe K-Theorie.

Zwei Vektorbündel E {\displaystyle E} und F {\displaystyle F} auf X {\displaystyle X} definieren genau dann dasselbe Element in K ( X ) {\displaystyle K(X)} , wenn sie stabil äquivalent sind, d. h. wenn es ein triviales Vektorbündel G {\displaystyle G} gibt, so dass

E G F G {\displaystyle E\oplus G\cong F\oplus G}

Mit dem Tensorprodukt von Vektorbündeln wird K ( X ) {\displaystyle K(X)} zu einem kommutativen Ring mit Einselement.

Der Begriff des Ranges eines Vektorbündels überträgt sich auf Elemente der K {\displaystyle K} -Theorie. Die reduzierte K-Theorie K ~ ( X ) {\displaystyle {\tilde {K}}(X)} ist die Untergruppe der Elemente von Rang 0. Weiter führt man die Bezeichnung K ~ n ( X ) = K ~ ( S n X ) {\displaystyle {\tilde {K}}^{n}(X)={\tilde {K}}(S^{n}X)} ein; dabei bezeichnet S {\displaystyle S} die reduzierte Einhängung.

Eigenschaften

  • K {\displaystyle K} ist ein kontravarianter Funktor auf der Kategorie der kompakten Hausdorffräume.
  • Es gibt einen topologischen Raum B U {\displaystyle BU} , so dass Elemente von K ( X ) {\displaystyle K(X)} den Homotopieklassen von Abbildungen X B U {\displaystyle X\to BU} entsprechen.
  • Es gibt einen natürlichen Ringhomomorphismus K ( X ) H ( X , Q ) {\displaystyle K(X)\to H^{*}(X,Q)} , den Chern-Charakter.

Bott-Periodizität

Dieses nach Raoul Bott benannte Periodizitätsphänomen lässt sich auf die folgenden äquivalenten Arten formulieren:

  • K ( X × S 2 ) = K ( X ) K ( S 2 ) , {\displaystyle K(X\times S^{2})=K(X)\otimes K(S^{2}),} und K ( S 2 ) = Z [ H ] / ( H 1 ) 2 ; {\displaystyle K(S^{2})=\mathbb {Z} [H]/(H-1)^{2};} dabei ist H {\displaystyle H} die Klasse des tautologischen Bündels über S 2 = C P 1 {\displaystyle S^{2}=\mathbb {C} P^{1}} .
  • K ~ n + 2 ( X ) = K ~ n ( X ) {\displaystyle {\tilde {K}}^{n+2}(X)={\tilde {K}}^{n}(X)}
  • Ω 2 B U B U × Z {\displaystyle \Omega ^{2}\mathrm {BU} \simeq \mathrm {BU} \times \mathbf {Z} } .

In der reellen K-Theorie gibt es eine ähnliche Periodizität mit Periode 8.

Berechnung

Die (komplexe oder reelle) topologische K-Theorie ist eine verallgemeinerte Kohomologietheorie und kann oft mit Hilfe der Atiyah-Hirzebruch-Spektralsequenz berechnet werden.[1]

K-Theorie für Banachalgebren

Die topologische K-Theorie lässt sich auf allgemeine Banachalgebren ausdehnen, wobei die C*-Algebren eine wichtige Rolle spielen. Die topologische K-Theorie kompakter Räume X {\displaystyle X} kann als K-Theorie der Banachalgebren C ( X ) {\displaystyle C(X)} der stetigen Funktionen X C {\displaystyle X\rightarrow \mathbb {C} } umformuliert und dann auf beliebige Banachalgebren übertragen werden, sogar auf das Einselement der Algebren kann man verzichten. Da die Zuordnung X C ( X ) {\displaystyle X\mapsto C(X)} ein kontravarianter Funktor von der Kategorie der kompakten Hausdorffräume in die Kategorie der Banachalgebren ist und da die topologische K-Theorie ebenfalls kontravariant ist, erhalten wir insgesamt einen kovarianten Funktor von der Kategorie der Banachalgebren in die Kategorie der abelschen Gruppen.[2]

Da hier auch nicht-kommutative Algebren auftreten können, spricht man von nicht-kommutativer Topologie. Die K-Theorie ist ein wichtiger Untersuchungsgegenstand in der Theorie der C*-Algebren.

Siehe auch

Algebraische K-Theorie

Literatur

  • Michael Atiyah: K -theory. Notes by D. W. Anderson. Second edition. Advanced Book Classics. Addison-Wesley Publishing Company, Advanced Book Program, Redwood City, CA, 1989. ISBN 0-201-09394-4
  • Allen Hatcher: Vector bundles and K-theory (math.cornell.edu).
  • Karlheinz Knapp: Vektorbündel. (link.springer.com).
  • Max Karoubi: Lectures on K-theory. (PDF; 400 kB).

Quellen

  1. Atiyah, Hirzebruch: Vector bundles and homogeneous spaces. In: Proc. Sympos. Pure Math. Band III. American Mathematical Society, Providence, R.I. 1961, S. 7–38.
  2. Blackadar: K-Theory for Operator Algebras. Springer Verlag, 1986, ISBN 3-540-96391-X.