Das Eisenbahngleichnis

Das Eisenbahngleichnis gehört zu den heute noch bekannteren Gedichten, die Erich Kästner für das Kabarett schrieb. Obschon im Titel „Gleichnis“ genannt, handelt es sich bei dem Werk genauer gesehen um eine Parabel.

Veröffentlichungsgeschichte

Eine erste Druckversion erschien am 10. August 1931 in der Zeitschrift Simplicissimus. Die Zeile „Ein feister Herr sitzt stolz“ ist hier mit „Ein dicker Mensch sitzt stolz“ noch weniger scharf formuliert. Später war es das Eröffnungsgedicht in Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke (1936)

Gleichnis

Kästner vergleicht das Leben und Zusammenleben der Menschen mit einer gemeinsamen Zugfahrt an ein unbekanntes, bzw. nichtvorhandenes Ziel; schließlich steigen nur die Toten aus. Es werden auch Klassenunterschiede berücksichtigt (Die Mehrheit sitzt auf Holz; auf Holz saß zur Entstehungszeit auf Bahnreisen die Zweite Klasse – die Erste Klasse sei dabei laut Kästner fast leer) oder soziale Problemfelder, wie eine unglückliche Lebensplanung (wir sitzen alle im gleichen Zug/und viele im falschen Coupé) in das Gleichnis mit aufgenommen. Das Gedicht ist exemplarisch für die in seinen Werken für Erwachsene häufig recht pessimistische Weltsicht des erfolgreichen Kinderbuchautors.

Die Eisenbahn ist hier als Symbol von der eingerichteten Welt zu sehen: der Gleichförmigkeit, der Unveränderlichkeit und Sinnlosigkeit, die zwar verbesserungsbedürftig ist, aber kaum verbessert werden kann. Es ist somit eine pessimistischere Sichtweise als die des satirischen Romans von Voltaire Candide oder der Optimismus.[1]

"Der Schaffner schaut zur Tür herein- und lächelt vor sich hin. Auch er weiß nicht, wohin er will", womit auch der Schuldige schuldlos wird, da sich die Entwicklung ohne menschliches Eingreifen vollzieht und ohne Politik.[2]

Vertonungen

Bereits in den dreißiger Jahren wurde das Gedicht als Chanson im Cabaret gebracht. 1969 nahm es Uwe Friedrichsen in einer modernen Vertonung von Bert Grund auf[3].

Weblinks

  • Das Eisenbahngleichnis, Text des Gedichts auf mittelschulvorbereitung.ch (PDF-Datei, 164 kB)
  • Erich Kästner: Ein Dichter gibt Auskunft: 121 Gedichte in der Google-Buchsuche

Einzelnachweise

  1. Bernhardt, Rüdiger: Königs Erläuterungen Kästner Das lyrische Schaffen, Hollfeld, 2010, S. 153–154
  2. Bernhardt, Rüdiger: Königs Erläuterungen Kästner Das lyrische Schaffen, Hollfeld, 2010, S. 153–154
  3. Abbildung bei Discogs
Werke von Erich Kästner

Romane und Erzählungen:
Emil und die Detektive | Pünktchen und Anton | Fabian. Die Geschichte eines Moralisten | Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee | Das fliegende Klassenzimmer | Drei Männer im Schnee | Emil und die drei Zwillinge | Die verschwundene Miniatur | Der Zauberlehrling | Der kleine Grenzverkehr | Das doppelte Lottchen | Die Konferenz der Tiere | Der kleine Mann | Der kleine Mann und die kleine Miss | Der Gang vor die Hunde

Lyriksammlungen:
Herz auf Taille | Lärm im Spiegel | Ein Mann gibt Auskunft | Arthur mit dem langen Arm | Das verhexte Telefon | Gesang zwischen den Stühlen | Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke | Die 13 Monate

Einzelne Gedichte:
Weihnachtslied, chemisch gereinigt | Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn? | Jahrgang 1899 | Sachliche Romanze | Kurt Schmidt, statt einer Ballade | Die Ballade vom Nachahmungstrieb | Das Eisenbahngleichnis | Der Handstand auf der Loreley

Nacherzählungen:
Till Eulenspiegel | Der gestiefelte Kater | Münchhausen | Die Schildbürger | Don Quichotte | Gullivers Reisen

Hörspiel und Theater:
Leben in dieser Zeit | Die Schule der Diktatoren | Klaus im Schrank oder Das verkehrte Weihnachtsfest

Textsammlungen:
Das Schwein beim Friseur | … was nicht in euren Lesebüchern steht

Autobiographisches:
Als ich ein kleiner Junge war | Notabene 45